«Es ist wichtig, parteiübergreifend zu denken.»

– Gespräch mit Stiftungsrätin Sophie Fürst

· Jahresbericht 2021

Wir treffen uns im Bistro des Landesmuseums in Zürich. Es ist der letzte Arbeitstag vor ihren Ferien, eine Woche «Zeit für mich», konkrete Pläne habe sie noch nicht. «Pausen sind wichtig», sagt Sophie Fürst, die seit dreieinhalb Jahren kaum Pausen hatte.

Als sie Anfang 2019 die Kampagnenleitung der Gletscher-Initiative übernahm, habe sie noch nicht geahnt, wie lange sie dieses Projekt begleiten wird. «Ich hatte vor allem Lust, etwas von Grund auf aufzubauen, das politisch und demokratisch ist.»

Auch davor war die heute 37-Jährige politisch engagiert, etwa als Projektleiterin bei der Agentur Feinheit, die auch politische Kampagnen unterstützt oder als persönliche Mitarbeiterin des Grünen Nationalrats Balthasar Glättli. Ausserdem sei ihr Vater seit jeher stolzer Besitzer eines SP-Mitgliederbüchleins. Dabei beeilt sich Fürst zu betonen, dass sie selber nicht Mitglied einer politischen Partei sei. «Es ist wichtig, parteiübergreifend zu denken, um ein Anliegen vorwärts zu bringen», ist sie überzeugt.

Das ist auch ihre Herangehensweise bei der Gletscher-Initiative. «Es ist uns gelungen, das Anliegen breit abzustützen und auch Vertreter:innen der Mitte abzuholen.»

Als Stiftungsrätin für die Stiftung für direkte Demokratie liege ihr die Mitbestimmung der Bevölkerung am Herzen. Und eine Volksinitiative sei schliesslich das direktdemokratische Mittel schlechthin. «Das dachte ich zumindest», fügt Fürst an. Heute sehe sie das ein wenig differenzierter. «Eine Volksinitiative ist ein langwieriger Prozess.»

Gehe es nach ihr, bräuchte es mehr direktdemokratische Mittel für die Schweizer Bevölkerung. Zum Beispiel Bürgerversammlungen an denen Menschen mit verschiedenen politischen Ansichten über Kompromisse diskutieren. So könnte man sich vielleicht sogar den Aufwand einer Volksinitiative sparen, meint Fürst. Denn der sei riesig und der Verlauf extrem abhängig von äusseren Einflüssen. Konkret hätten unter anderem die Pandemie, die Ablehnung des CO2-Gesetzes und aktuell der Krieg in der Ukraine die Kampagne beeinflusst. Auch das Nein im Nationalrat zur Initiative sei enttäuschend gewesen.

«Klar kann das frustrieren», sagt Fürst. Auch verunsichern. Aber die Motivation habe ihr dennoch nie gefehlt. «Man braucht einen langen Atem, um ein politisches Anliegen durchzubringen, man kann die Gesellschaft nicht in einem Jahr umkrempeln.» Was braucht man noch, um eine politische Kampagne zu leiten? Sophie Fürst denkt kurz nach und lacht. Sie beginnt mit den Eigenschaften, die sie selber nicht so gut beherrsche: Abstand nehmen können zu dem Projekt und eben, Pausen machen. Leichter falle es ihr dafür, flexibel und offen zu bleiben für Meinungen und Ansichten von anderen Menschen.

Besonders wichtig sei Geduld. «Eine Volksinitiative ist eingebunden in das politische System», sagt Fürst. «Wer sich für diesen Weg entscheidet, muss für Kompromisse bereit sein.» Es müssten nun endlich Ziele in der Verfassung verankert werden, um in absehbarer Zeit auf Netto-Null Treibhausgasemissionen zu kommen.

In ihrer Freizeit hat Fürst mittlerweile Strategien, um abzuschalten. Atmen zum Beispiel, das kenne sie aus dem Gesangsunterricht. Ihr wichtigstes Ventil seien jedoch ihre Freunde und ihr Partner, die wenig mit Politik am Hut haben. «Das erdet und bringt mich am besten auf andere Gedanken.»

 

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