Zukunftsrat: Eine dritte Parlamentskammer für die Schweiz?

 

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Wie kann die Schweizer Verfassung verändert werden, damit die Klimakrise von der Politik ernst genommen wird? Das Buch «Mit einem Zukunftsrat gegen die Klimakrise» diskutiert eine spannende Idee: Braucht die Schweiz eine dritte Parlamentskammer? Wir fragen dazu: Wie könnte ein Zukunftsrat eingeführt werden?

Das neue Buch «Mit einem Zukunftsrat gegen die Klimakrise», zu dessen Autor:innen der Staatsrechtler Markus Notter, die Klimawissenschaftlerin Sonia Seneviratne, der Politologe Wolf Linder und der Ökonom Andreas Spillmann zählen, stellt die Frage, ob die Schweiz, 175 Jahre nach ihrer Gründung, für drängende Herausforderungen wie die Klimakrise gewappnet ist.

Die Kernthese: Das Land sei bei den drängenden Herausforderungen der Gegenwart blockiert. Mehr Demokratie sei der einzige Schlüssel, die Schweiz fit für die Zukunft zu machen. Das bedeutet, das politische System zu revitalisieren und es den heutigen Bedingungen anzupassen.

Die Autor:innen setzen auf Bürger:innenräte und empfehlen die Gründung eines «Zukunftsrates für Nachhaltigkeitsanliegen» in der Schweiz. Dieser Rat soll als «dritte Kammer» fungieren, neben dem National- und Ständerat.

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Wahl mit Losverfahren

Ein interessanter Ansatz: Die 100 Mitglieder dieses Zukunftsrates würden nicht gewählt, sondern ausgelost. Dabei wäre darauf zu achten, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen repräsentiert werden. Kriterien wie Alter, Wohnort, sozialer Status, Geschlecht und Bildungsstand würden beim Losverfahren berücksichtigt.

Der Zukunftsrat soll Nachhaltigkeitsthemen, mit Hilfe von Fachleuten, ins politische Geschehen einbringen. Damit er wirksam ist, sollte er Instrumente zur Teilrevision der Verfassung haben, etwa für die Einführung eines «Rechts auf eine intakte Umwelt».

Zukunftsrat mit Vetorecht

Ein weiteres Werkzeug: ein Vetorecht bei Gesetzen, die dem fakultativen Referendum unterstehen, sowie bei Verfassungsrevisionen der Bundesversammlung. Dies würde dem Zukunftsrat ermöglichen, Vorlagen, die als nicht nachhaltig erachtet werden, temporär zu stoppen – zumindest bis die Bundesversammlung mit einem Mehr der Mitglieder beider Räte ein solches Veto erneut überstimmt hätte.

Zwei Szenarien für Umsetzung

Wie könnte so ein Zukunftsrat realisiert werden? Die Autor:innen des Buches halten sich bei dieser Frage zurück. Da der Vorschlag einer dritten Kammer auf wenig Gegenliebe vom Parlament stossen könnte, gibt es nur zwei Wege: eine Volksinitiative oder eine Totalrevision der Bundesverfassung.

Für Letzteres spricht, dass ein Zukunftsrat die Änderung von 15 Verfassungsartikel nötig machen würde, wie im Buch aufgeführt. Selbst wenn sich diese hohe Zahl reduzieren liesse, wäre das für eine Volksinitiative erfahrungsgemäss ein «grosser Brocken».

Totalrevision als Chance

Vielversprechend wäre der Weg über eine Totalrevision aus einem weiteren Grund: Die Initiative für eine zeitgemässe Bundesverfassung, die von der Stiftung für direkte Demokratie mitgetragen und am 17. September der Öffentlichkeit vorgestellt wird, hat die Idee von Bürger:innenräten ebenfalls aufgegriffen.

Im Gespräch ist der Aufbau eines ausgelosten «Bürger:innenverfassungsrats», der einen Entwurf für eine neue Bundesverfassung ausarbeiten und den nachfolgenden parlamentarischen Prozess begleiten soll. Wird ein solcher Bürger:innenrat für eine neue Verfassung Wirklichkeit, könnte er den Zukunftsrat in der politischen Landschaft der Schweiz verankern und aufzeigen, dass Bürger:innenräte eine sinnvolle Ergänzung des Systems darstellen.


Hinweis: Die Buchvernissage findet am Mittwoch, 30.08.2023 in Zürich statt. Der Anlass ist kostenlos, eine Reservation ist erforderlich.

 

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